Doppelte und parallele Kirchenbuchführung in Harbke 1708-1716

Hallo zusammen,

kann jemand nachvollziehen weshalb im Zeitraum 1708 bis 1716 in Harbke Einträge doppelt, offensichtlich von zwei Schreibern in verschiedenen Büchern erfasst wurden?
Es gibt das Kirchenbuch 1674 - 1716

Und Taufen 1708 - 1799

Im Zeitraum der Überschneidung wurden die selben Geburten zweimal erfasst. Für mich ist das besonders spannend, da so eindeutig eine Namensveränderung meiner Vorfahren dokumentiert wurde (in einem Buch so, im anderen so). Ich würde gerne verstehen, wie es zu dieser Dopplung kam. Eine einfache Kopie scheint es nicht zu sein. Die Ereignisse wurden offenbar doppelt, von verschiedenen Personen erfasst. Möglicherweise spanned wer die Schreiber waren (ggf. bzgl. Herkunft und daher möglw. anderer Aussprache/Dialekt etc.).
Es kann sein das sich hierzu Hinweise in den beiden Büchern befinden. Diese konnte ich in der Vergangenheit nicht entziffern. Aktuell habe ich leider auch keinen aktiven Pass.

Über Hinweise zur Lösung des Rätsels würde ich mich sehr freuen.

Viele Grüße
Lars
 
Hallo,
das gibt es nicht nur in Harbke, denn es war damals durchaus üblich, das der Pastor und der Kantor (Schulmeister) getrennte Bücher führten, denn beide wurde auch nach den entsprechenden Amtshandlungen mit den Stolgebühren bezahlt. Oft ist dann nur ein Buch über die Jahrhunderte erhalten geblieben. Und natürlich schrieb damals jeder wie er gesprochen hat, Regeln gab es nicht, auch nicht für die Namen.
So gibt es viele Varianten von Vornamen, Familiennamen und Ortsnamen, dazu kommen dann noch die Genitivvarianten und weiblichen Formen.
Das sollte man beim Durchsuchen von Kirchenbüchern immer im Hinterkopf haben. Typisch sind auch Konsonatenwechsel, also ein C statt K oder eine F statt V u.a.m. Also keine Rätsel sondern etwas ganz Gewöhnliches.
 
Hallo,
vielen Dank für deine Antwort.
Mir ist bewusst, dass es im 17. und 18. Jahrhundert keine einheitliche Rechtschreibung gab und Namen oft sehr unterschiedlich notiert wurden. Das zeigt sich auch deutlich an meinem Beispiel in Harbke von Hanß Heimsen (auch Heinße, Heinse, Heimßen, Heims usw.). In den Kirchenbüchern von Harbke findet man für ihn von 1699 bis 1717 gleich mehrere Varianten:
  1. Zeitraum 1699–1708 (Kirchenbuch 1674 - 1716)
    • Ab seiner Heirat 1699 taucht er vor allem als Hanß Heinse oder Hanß Heinße auf.
    • Bei den frühen Taufen seiner Kinder (1701, 1703, 1705, 1706) bleibt es meistens bei Formen wie „Heinße“ oder gelegentlich „Heinse“.
  2. Zeitraum ab 1708 (Kirchenbuch 1674 - 1716 & Taufen 1708 - 1799)
    • Etwa ab 1708 wurden in Harbke manche Einträge parallel in zwei Büchern geführt. Da notiert der eine Schreiber ihn als Hanß Heinße und der andere als Hanß Heinsen bzw. Heimsen.
    • Das führt dazu, dass in ein und demselben Taufvorgang (z. B. 1708 oder 1710) „Heinße“ und „Heimsen“ nebeneinander stehen.
    • Ab 1710/1713 erscheint immer häufiger die Form Heimsen oder Heims
Für mich war diese doppelte Dokumentation ein Glücksfall, da so klar war das es immer die selber Person war. Ebenso gibt es mehr Angaben zu Taufzeugen/Berufen in dem späteren Buch als im alten. Da dieser Fall für mich von besonderer Relevanz ist würde ich nur gerne mehr verstehen wie es zu der konkreten, aus meiner Sicht recht deutlichen Abweichung kam. Vielleicht um auf diesem Wege zu ergründen wie die Schreibweise vor 1699 anderen Orts am ehesten war.

Viele Grüße
Lars
 
Hilfreich wäre zu wissen die Lebenszeiten der Pastoren um 1700 herum, im KB 1708-1799 stehen ja einige Anmerkungen zum Inventar der Bibliothek. Und dann kann man bei den Taufen der Pastoren- und Küster-Kinder schauen wo vielleicht ein "mein/e" oder "des Pastors" fällt, um zu erfahren wer welches KB geführt hat.
 
[Zitat Anfang]
Quelle:

Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen,
Band 10 - Series Pastorum
Evangelische Verlaganstalt GmbH Leipzig, 2009

Seite 312, rechts Spalte

Harbke
Name der Kirche: St. Stephan
Kirchenbücher: ab 1684; 1684; 1684 (vor 1815 im Landesarchiv Wolfenbüttel)
Kirchenkreise: Oebisfelde (1820); Eilsleben (1910); Oschersleben (1978)
Filial: Wulfersdorf (bis 1607 selbstständig; um 1960 abgebaggert)


Joachim Schultze 1564– - - - -
Johann von Eitzen 1572–1577
Friedrich Lustmann 1578– - - - -
Jakob Herndorff 1581– - - - -
Peter Haken um 1594
Valentin Mylius [I.] 1608–1644
Valentin Mylius [II.] (1639) 1644–1663
Johann Stier 1663–1696
Johann Heinrich Hünecke 1697–1702
Johann Rudolf Ernsting 1702–1725
Johann Heinrich Schmidt 1725–1731
Gottfried Gruner 1731–1738
Gebhard Johann Friedrich Müller 1739–1782
Wilhelm Gottfried Langenheim 1783–1815
Friedrich August Tülff 1816–1829
Johann Heinrich Konrad Ebeling 1829–1844
Karl Heinrich Eduard Völker 1844–1877
Carl August Wilhelm Völker 1877–1914
Friedrich Karl Moritz Andrae 1915–1936
Gustav Leberecht Luntowski 1936–1938
Georg Meyer 1939–1946
Alfred Emil Dörmer 1946–1952
Adolf Hoffmann 1954–1962
Hans-Günther Karl Albert Lange 1964–1978
unbesetzt, verwaltet von Sommersdorf
[Zitat Ende]

Die hier angerissenen Fragen, wer / wann welches Buch geführt hat, lassen sich mit einiger Sicherheit direkt und konkret, bei exakter Recherche, anhand der jeweiligen Kirchenbücher beantworten.

Aus den Eintragungen, oder der jeweiligen Person, die die infragestehenden Einträge vorgenommen hat, darauf in belastbarer(!) Weise schließen zu wollen, wie in davor liegenden Zeiten ggfls. von einer anderen Person, ggfls. auch noch an anderem Ort, ein Familienname geschrieben wurde, ist m.E. ein nahezu aussichtsloses Unterfangen.
(Wohlgemerkt in einer Zeit, in der es keine wie auch immer geartete, unveränderliche Schreibweise von Namen / Orten / Begriffen ab.)

BG,
Vera
 
....als Ergänzung "Näheres zu den in Harbke tätigen Pfarrern um 1700"


[Zitat Anfang]
Quelle:

Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen,
Band 4 - Biogramme He-Kl
Evangelische Verlaganstalt GmbH Leipzig, 2009

Seite 347, linke Spalte

Hünecke, Johann Heinrich
* Hildesheim 1658, † Harbke 22.04.1702
V: Liborius H., Hutmacher u. Bürger; M: Priska
Dünten
Schule Hildesheim, Gym. Blankenburg, Schule
Bielefeld; Uni. Helmstedt 1682
ord. 10.12.1690 Lpz.
vor 1690 Hofmstr., 1690–1697 Subst. Möst, 1697–
1702 Pfr. Harbke
¤ Möst 17.02.1691 Anna Margarete Titius
V: Caspar T., Pfr. Möst; M: Catharina Redel
3 Kinder, * Möst (darunter 1 T.)
T. Gödel Elisabeth, ¤ Gottlieb Schultes, Pfr. Lo -
ders leben

LHA Sa.-Anh. A 12 Harbke 1, 4 u. A 29a Nr. 702; Lpz. Ordbuch;
Riemer; Kb. Harbke, Mösthinsdorf.
[Zitat Ende]
[Zitat Anfang]

Quelle:

Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen,
Band 2 - Biogramme Br-Fa
Evangelische Verlaganstalt GmbH Leipzig, 2009

Seite 481, linke Spalte

Ernsting, Johann Rudolf
* Harburg (Hamburg) 04.08.1672, † Harbke 26.02.
1725
V: Bartholomäus E., Bürger u. Schneider; M: Margarete
Hardtke
Schule Harburg; Uni. Helmstedt 1698–1701, Lpz.
1701/02, Halle 1702
1702–1725 Pfr. Harbke
¤ I Maria Juliana Sinderlein, † Harbke 16.11.1732
(36 J)
¤ II Helmstedt (15.07.1723) Catharina Sophia
Henning
V: D. Johannes H., Adiac. St. Stephani Helmstedt

LHA Sa.-Anh. A 12 Harbke 1, 3; Roth LPr. 7112; Riemer; Kb.
Harbke; Mitt. Meyer, Magdebg., 1957.
[Zitat Ende]
 
Hallo zusammen,



vielen Dank für eure Hilfe. Durch diese und Hinweise aus dem Buch „Das alte Kirchenbuch erzählt“ von Wilhelm Eule ergibt sich für mich folgendes Bild.

Unter Pastor Stier führte, laut Eule, Henricus Kegel das Kirchenbuch. Er führte dies meiner Ansicht nach bis 1716 auch weiter trotz der wechselnden Pastoren. Laut Eule führte der neue Pastor Ernsting (bereits seit 1702) ab 1708 ein neues Kirchenbuch, das durch deutlich aufwendigere Einträge auffällt. Parallel wurde das alte Buch scheinbar von Kegel weitergeführt.

So ergibt sich, dass ab erstmaligen Erscheinen im Ort ab 1699 der Familienname Heinße/Heinse geschrieben wird, und auch so im alten Buch bis 1716 fortgeführt wird. Ernsting hingegen führt ab 1708 im neuen Buch, in den parallel geführten Einträgen, die Schreibweise Heimsen etc ein. Diese setzt sich scheinbar durch und wird so auch anderen Orts bei den Kindern (Marienborn zunächst, spätere weitere) fortgeführt bzw. verkürzt auf Heims.

Spekulativ könnte ich vermuten, dass dieser Unterschied möglichweise auf die Herkunft Ernstings aus Harburg zurück zu führen ist.



Vielen Dank nochmal für eure Unterstützung.



Viele Grüße

Lars
 
Hallo zusammen,
hallo Vera,

eine kurze Frage: Sofern du die Zeit dafür findest, könntest du für mich in deiner Quelle nachsehen, wer um 1733 Pastor in Alleringesleben/Morsleben (beides ist ein einem Buch) war?

Zum sonstigen Thema:
Ich habe mir nun doch weiter einen Pass geholt um hier weiter machen zu können.
Kegel hat tatsächlich wie es scheint das ganze alte Kirchenbuch von 1684-1716 geschrieben. Der letzte Eintrag ist sein Strebeeintrag aus dem April 1716.
Auf dem Weg habe ich einige Lebensdaten zusammen gesammelt die ich hier gerne teile. Natürlich nicht vollständig.


Henricus Kägel *ca. 1651 +18.04.1716
oo1 unbekannt
oo2 13.09.1692 Anna Christina Barterrimy(??)

Kinder:
Johann Andreaß Kägel *27.01.1684
Conrad Kägel *09.10.1685
Dorothea Agnesa Kägel *02.05.1687
Johann Andreaß Kägel *06.10.1688
Anna Catharina Kägel *04.08.1691
Hedwig Ilse Kägel *22.01.1695
Paul Jürgen Diedrich Kägel *28.01.1699
Anna Catharina Kägel *05.08.1700

Einmal sind zwei Schwäger aus Halberstadt Paten, möglicherweise hat er dort familiere Verbindungen. Seine Herkunft und erste Frau sind mir nicht bekannt.

Viele Grüße
Lars
 
Vielen Dank für die schnelle Antwort. Ich wusste nicht das es das als Leseprobe gibt. Ich suche dementsprechend nach Joachim Schulitz. Hier müsste es wohl in Band 8 mit den Biogrammen Schr-To. Weitere Infos zu ihm geben. Liegt euch/Ihnen das zufälligerweise vor?
 
Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen,
Band 8 - Biogramme Schr-To
Evangelische Verlaganstalt GmbH Leipzig, 2009

Seite 76, rechte Spalte

Schulitz, Joachim
* aus Braunschweig, † Alleringersleben 26.03.1735
stud. theol.; Ex. 28.10.1701
1701 (voc. 11.10.)–1735 Pfr. Alleringersleben
LHA Sa.-Anh. A 12 Spec. Alleringersleben 1, 6 u. H Harbke 1991;
Kb. Alleringersleben.


Möge es Ihnen weiterhelfen.
BG, Vera
 
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