Kindstaufen nicht verzeichnet - warum?

Bei einem meiner Vorfahren (Georg Held, Dekanat Gräfenberg, Hiltpoltstein) fehlen alle Kinder in den Taufbüchern.
Seine Heirat 1784 ist verzeichnet, auch die Konfirmation seiner Kinder (1798, 1800, 1806, 1809) und deren Heiraten, aber ihre Taufen fehlen.
Welchen Grund kann das haben?

Seine Heirat hatte erst einen Dispens bekommen müssen, da er und seine Frau Geschwisterkinder waren. Kann es damit zu tun haben? Mussten die Kinder deshalb anderswo getauft werden?
 
nein das ist sicher nicht der Grund,
er wird wohl wo anders in dieser Zeit gewohnt haben und die Taufen dort zu finden sein.
Würde die Gemeinden herum mal durchsehn.

Sven
 
Die Copulation (mit sehr langer Ausführung den Dispens betreffend) und die Taufen seiner Kinder (z.B. Margaretha) ließ das Paar, welches offenbar zu dieser Zeit in Almos lebte, in der katholischen Pfarrei Obertrubach vornehmen. Auch andere Nicht-Katholiken sind im KB Obertrubach zu finden, die das so handhaben. In dieser konfessionell so kleinräumigen, ja regelrecht "gescheckten" Ecke, war, was die Amtshandlungen betrifft, auch viel Gewohnheitsrecht im Spiel, auch wenn Almos jetzt nicht unbedingt näher an Obertrubach als an Hiltpoltstein liegt. Manchmal spielten auch die Höhe der zu entrichtenden Gebühren eine Rolle, die Leute bevorzugten natürlich die günstigeren Konditionen und bestanden dann auf dem "Hergebrachten". Und die Verantwortlichen in den Kirchengemeinden und insbesondere die Grundherren stritten sich teilweise bis aufs Blut, letztendlich wohl mehr aus materiellen denn aus ideellen Gründen.

Ein besonders absurder Fall führte 1726 dazu, dass auf Befehl des Vogts zu Wolfsberg das Begräbnis eines protestantischen Bauern aus Bernhof auf dem Friedhof von Bühl (kath. Pfarrei) angesetzt wurde. Der nürnbergerische Pfleger in Hiltpoltstein befehligte daraufhin eine Abordnung von sechs Mann von Hiltpoltstein nach Bernhof in das Trauerhaus, welche dort über Nacht vigilieren und aufpassen sollten, dass die Leiche nicht entwendet würde. Der Sohn versuchte trotzdem früh am Morgen, die Leiche seines Vaters ("ohne Truhe") nach Hormersdorf zu verbringen, wurde aber gestellt, die Leiche "gesichert", in ein "nürnbergerisches Haus" gebracht und den Vormittag über bewacht, bis sie dann nach St. Helena (protestantische Kirche) überführt und dort beigesetzt wurde. Das ganze Theater wegen einer Gebühr in Höhe von 1 fl. 30 kr.
 
Vielen Dank für deine Mühe, @Curiosita! Super.:love:
Ich war gestern tatsächlich - unabhängig von deiner Antwort - in Obertrubach im Pfarramt, allerdings wegen der immer wieder auftauchenden Verweise im KB auf "Trubach", wenn es um Einwohner von Almos geht. Eine Barbara Held zB hätte, wenn es nach dem "Herrn Pfarrer von Trubach" gegangen wäre, in Obertrubach begraben werden müssen und nicht in Kappel. Also ein ganz ähnlicher Fall wie von dir beschrieben, nur dass er glimpflicher ausging und der Trubacher Pfarrer nachgab, ohne dass ein halbes Dorf anmarschierte :LOL:. (Interessanterweise bezeichnete der Pfarrer die Verstorbene als sein "Pfarrkind" - vielleicht war auch sie in Obertrubach getauft worden, das habe ich nicht recherchiert.)
 
Nachtrag.
Tatsächlich hatte St. Laurentius in Obertrubach, obwohl eine katholische Pfarrei, zahlreiche überwiegend protestantische Sprengel! Almos gehörte dazu - gleichzeitig gehörte es kurioserweise zur Pfarrei in Hiltpoltstein. So erklärt sich das Gezerre um die Pfarrkinder...
 
Im Jahr 1772/73 gab es Irritationen bezüglich der Heiratsgebühren auf einem Held-Hof in Almos (vielleicht die Hochzeit eines Bruders oder eines anderen Verwandten). Man könnte dem kurzen Verweis auf einen existierenden Vertrag (mit dem Bistum Bamberg) u.U. entnehmen, dass es zu dieser Zeit im Prinzip "gütlich" geregelt war, dass die Almoser Protestanten in Obertrubach taufen, copulieren und beerdigen ließen, während sie zu Gottesdienst, Abendmahl und Konfirmation nach Hiltpoltstein gingen.

Leider ist der zugehörige Traueintrag (links unten) im KB Obertrubach nicht besonders gut zu lesen. Was ich bislang entziffern konnte:

...NB: Des Bräutigams Vater weigerte
sich die anderthalb Thaler (?) für (?) Pfarrern und Schwester (?) zu
zahlen Dahero (?) auf (auch?) dem (?) selben (?), sein Ledigschein
nicht habe aus___ (?) lassen; da aber Pfarrer zu Großen
gsee ____ Copulationsledigschein _____
Herauf diese Helden bey seiner (?) Herrschaft in Nürnberg
Verclagt ____ zu erwirken, was hierauf Erfolgen wird.
 
... für Pfarrern und Schulmeister zu
zahlen Dahero auch demselben, seinen Ledigschein
nicht habe ausstellen lassen; ...
 
Die NB im entsprechenden Eintrag im Hiltpoltsteiner Kirchenbuch lautete:
"Diese Eheleute sollten 3ten Febr in Trubach copuliert werden; weil sie aber leibl. Geschwisterigt-Kinder zusammen waren, so kam Sonntag den 1? dM von Ihro Chur Bayerischen AmtsHerrschaft zu Auerbach? der Befehl mit der Copulation solange zurück zu halten, bis die Sache höheren Orten einberichtet, und ein Churfürstl. Consens eingeholet worden.
Wann dann die Churbayerische Dispensation erhalten war, so wollte Herr Pfarrer zu Obertrubach diese ... nicht gelten laßen; sondern behauptete, daß man in solchen Fällen die Dispensation bey dem Bischoff in Bamberg suchen müßte...."
Den Rest kann ich schlecht lesen, außer dass schließlich die Hochzeit am 3. April, dem 3. Ostertag, in Obertrubach stattfinden konnte, wohl ohne Genehmigung des Bischofs...
 
...
müßte. Weil aber die Chur Bayrische Herrschaft solches nicht zugab, so wurden
endlich doch diese Brautleute ♂︎(=Dienstag) den 13. Aprilis, als dem 3.ten Ostertag in
Obertrubach ehe⟨lich⟩ u⟨nd⟩ ordent⟨lich⟩ copuliret.
 
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