Lamprecht "aus Oetting(en) in Bayern" - uneheliche Kinder/System der Armenfürsorge

Liebe Forscherkollegen,

ich versuche schon seit einiger Zeit, die Familie der Mutter meiner 1825 in Kempten unehelich geborenen Vorfahrin Luise Lamprecht zu finden. Die Frage, die mich im Augenblick beschäftigt, ist: warum heißt es immer wieder, dass Mitglieder der Familie aus Oettingen in Bayern stammen, wenn sich diese aber weder evangelisch (Heuberg) noch katholisch dort nachweisen lassen? Hat das vielleicht etwas mit der Armenfürsorge bzw. mit den Regelungen für uneheliche Kinder zu tun? Oder übersehe ich da etwas? Auch Altötting habe ich in Betracht gezogen, aber auch hier konnte ich bisher keine Hinweise auf die Familie finden. Ich versuche einmal den Wissenstand übersichtlich darzustellen:

1. Generation:
Jakobina Lamprecht, Goldarbeitertochter, ev., aus Oettingen in Bayern
ihre Geburt müsste um 1780 bis 1810 gewesen sein, in Oettingen findet sich dazu weder ev. noch kath. eine Spur
in Kempten keine Heirat und kein Sterbeeintrag von Jakobina Lamprecht
(die einzige Familie Lamprecht, die ich in Kempten finden konnte, scheint keinerlei Verbindung zu haben)
Kind:
Maria 'Luise' Heinrike Lamprecht *31.10.1825 Kempten ~St. Mang (ev.)

2. Generation
Luise Lamprecht lässt sich ab 1848 in Hannover als Dienstmagd und Amme nachweisen. Sie hat insgesamt vier uneheliche Kinder. Ihr Herkunftsort wird immer wieder anders angegeben: 2x Oettingen, 3x Oetting, 1x Kempten (1x Kempten weggestrichen)
Weder in Oettingen noch in Altötting konnte ich für sie eine Konfirmation finden.
+27. Juli 1862 Hannover #Gartenkirche, 36 J., Elter: nicht zu erfahren
Ihre vier Kinder sind:
Kind 1
Jean Pueter oder Lamprecht *6. Juli 1848 in der Entbindungsanstalt in Hannover und dort getauft, Vater: angebl. Jean Pueter - nach weiteren Spuren des Vaters und des Kindes habe ich noch nicht gesucht (hae ich heute erst gefunden und meine Ancestry-Abo ist abgelaufen)
Kind 2
Marie Karoline *23 April 1851 Hannover ~Hannover-Hainholz +5. Oktober 1851 Bothfeld "das Kind war bei dem Häusling Pieper in Bothfeld", die Mutter als Amme in Hannover
Kind 3
'Theodore' Sophie Ernestine *14 April 1855 Hanover ~Hannover-Gartenkirche (meine Vorfahrin)
Konfirmiert 1869 in Höxter, wo sie 1876 den Buchbinder David 'Gottfried' Koch heiratet.
Kind 4
Friedrich Karl Lamprecht *20. September 1858 ~Hannover-Gartenkirche +13. Juni 1866 Linden an Masern, angeblich geboren zu Oettingen in Bayern (!), Eltern unbekannt

Das ist mein Wissenstand bisher, Taufpaten habe ich weitgehend weggelassen, weil sie vermutlich keinen weiteren Aufschluss zu dieser Fragestellung bringen. Hat jemand von euch noch Ideen, wo man hier ansetzen könnte? In den KB von Uettingen habe ich auch schon vergeblich gesucht. Warum klebt der Ort Oettingen so an dieser Familie, auch wenn nach Jakobina niemand mehr dort gewesen zu sein scheint? War Jakobina jemals in Oettingen? Oder klebt der Ort schon länger aus irgendwelchen Gründen an der Familie?

Bisher beiße ich mir hier die Zähne aus - aber irgendwie auch mit Erfolg, denn ich hatte nicht erwartet, drei Geschwister und eine Großmutter zu meiner Theodore Lamprecht zu finden.
Gruß
Uta (Härtling)
 
Ich hatte noch die Paten der Luise Lamprecht *1825 in Kempten einfügen wollen:
Paten:
Michael Ossenberg, Sattlergeselle
Jgfr Susanna Kerber

Ich glaube aber, dass sie auch nicht wirklich weiterhelfen.
 
Kind 1
Jean Pueter oder Lamprecht *6. Juli 1848 in der Entbindungsanstalt in Hannover und dort getauft, Vater: angebl. Jean Pueter - nach weiteren Spuren des Vaters und des Kindes habe ich noch nicht gesucht (hae ich heute erst gefunden und meine Ancestry-Abo ist abgelaufen)
Kind 2
Marie Karoline *23 April 1851 Hannover ~Hannover-Hainholz +5. Oktober 1851 Bothfeld "das Kind war bei dem Häusling Pieper in Bothfeld", die Mutter als Amme in Hannover

Vage Vermutung: "Pueter" = Pieper

Bei dem Häusling Pieper in Bothfeld könnte es sich handeln um Johann ("Jean" :cool: ) Heinrich Pieper, der als Witwer in Bothfeld im Jahr 1848 zum 2. Mal heiratet.
 
Nächste Frage: warum wird Kind Nr. 3 in Höxter konfirmiert?
Das ist "ja nicht einmal gerade so um die Ecke" von Hannover aus......
 
Die Frage, die mich im Augenblick beschäftigt, ist: warum heißt es immer wieder, dass Mitglieder der Familie aus Oettingen in Bayern stammen, wenn sich diese aber weder evangelisch (Heuberg) noch katholisch dort nachweisen lassen?

Der Hinweis auf Heuberg (heute in die Stadt Oettingen eingemeindet) erschließt sich mir nicht so ganz. Die evangelischen Kirchenbücher von Oettingen selbst (https://www.archion.de/p/45378a4814/) befinden sich offenbar noch vor Ort in der Kirchengemeinde (https://www.drev.de/dekanate/dekanat-oettingen/kirchengemeinden/kirchengemeinde-oettingen), denn auch das LAELKB (https://www.archiv-elkb.de/system/files/dateien/kirchenbuecher_im_laelkb23_1_25.pdf) listet sie noch nicht.

1800 wurde eine Rosina Jakobina Lamprecht, Tochter eines Seilermeisters, in der Oettinger Gegend geboren. Der Familienname war dort also vertreten:


Vermutlich wurde die gesuchte Jakobina ebenfalls in Oettingen geboren, und der Hinweis auf die Stadt in Zusammenhang mit Luise könnte mit dem Heimatrecht zu tun haben, welches sich i.d.R. am Geburtsort des Vaters, bei unehelichen Geburten dann wohl an dem der Mutter orientiert. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Jakobina nur für die Zeit um die Geburt ihrer Tochter herum in Kempten weilte, und ansonsten in Oettingen wohnte.
 
Hmmm, wie passt der "Seilermeister" zu dem Goldarbeiter, der der Vater der Jakobina Lamprecht gewesen sein soll? :unsure:
Es geht an dieser Stelle um die Frage, ob der Familienname im relevanten Zeitraum in der Region überhaupt vorkommt (im Hinterkopf habend, dass eine Recherche in Kirchenbüchern, welche nicht online stehen, eine aufwändige Angelegenheit ist, und daher schon eine gewisse Aussicht auf Erfolg haben sollte).

Erst im nächsten Absatz beziehe ich mich auf die tatsächlich gesuchte Person.
Vermutlich wurde die gesuchte Jakobina ebenfalls in Oettingen geboren
 
Es geht an dieser Stelle um die Frage, ob der Familienname im relevanten Zeitraum in der Region überhaupt vorkommt

Na ja....... :rolleyes:

Aber ja, solange die Kirchenbücher eines konkreten Ortes überhaupt nicht online zugänglich sind, oder man darin nicht direkt forscht, steht alle Verläßlichkeit von Aussagen mehr oder weniger in Frage.
 
Die Ausgangsfrage war, wie sich die vielfachen Angaben des Herkunftsorts Oetting(en) in den Kirchenbucheintragungen, die Tochter Luise betreffend, erklären lassen, obwohl es sich nicht um ihren Geburtsort handelt. Eine berechtigte Frage, über die man - wie so oft in diesem Metier - trefflich spekulieren kann.

Darüber hinaus schienen mir die evangelischen Oettinger Bücher, abgesehen von Heuberg, noch nicht gesichtet worden zu sein. Die Tatsache, dass im gefragten Zeitraum sowohl Personen mit dem (nicht so häufigen) Vornamen "Jakobina" als auch mit dem Nachnamen "Lamprecht" im Oettinger Raum lebten, würde mich zumindest nicht entmutigen, dort weiter zu suchen, v.a. weil einige in Frage kommende Alternativen (wie das sehr katholische und noch weiter von Kempten entfernte Altötting) schon ausgeschlossen wurden.

So viel zur Intention des Beitrags. Zu behaupten, Mutter Jakobina stamme gesichert aus (diesem) Oettingen, käme mir nicht in den Sinn (sofern das bei jemandem so angekommen sein sollte).
 
Liebe Helfer,

bitte entschuldigt, dass ich durch eine Ablenkung bedingt, eine Wesentliche Information in meinem Posting vergessen hatte: Ich hatte, als ich den Taufeintrag der Luise Lamprecht suchte, der sich dann 1825 in Kempten St. Mang fand (war damals gerade verfügbar geworden), Kontakt mit einem Forscherkreis aus Kempten gesucht (genaue Bezeichnung habe ich gerade nicht zur Hand), dessen Vorsitzende mir sehr freundlich antwortete, dass sie nicht nur selbst in Kempten forsche, sondern ursprünglich aus Oettingen in Bayern stamme. Sie hat dann in Oettingen für mich nach Jakobina Lamprecht geforscht und mir mitgeteilt, dass sie dort nicht zu finden sei. Ich werde die Details dazu Anfang kommender Woche heraussuchen und hier hinzufügen. Daher gehe ich davon aus, dass der Fall zumindest nicht so ganz leicht zu lösen ist.

Ich habe nun begonnen, nach Lamprecht in Oettingen (kath.) und Heuberg (ev.) zu suchen (habe auch ein paar kleinere Funde, aber keine heiße Spur, Berufe bisher: Seiler, Orgelbauer, Schweitzer), und tatsächlich hatte ich vergessen, dass das eigentlich entscheidende evangelische KB nicht online zur Verfügung steht. Vielleicht ist meine Frage hier daher auch etwas verfrüht. Vielleicht sollte ich einen Forschungsaufenthalt in Oettingen in Erwägung ziehen.

Danke für eure Gedanken, ich werde alles gründlich sichten und mit ins Bild nehmen. Und danke auch für den Häusling Pieper (die Idee Pueter = Pieper, werde ich auch weiter beobachten).

Zu der Frage, warum Kind Nummer 3 = Theodore Lamprecht in Höxter konfirmiert wurde: Das weiß ich auch nicht. Dass es so war, ist durch die Angaben zur Geburt und zur Mutter (Konfirmation, Eheschließung) zweifelsfrei belegt. Ich habe mich also nicht an der falschen Taufe festgebissen. Der Konfirmationseintrag lautet folgendermaßen:
1869 konfirmiert in Höxter St. Kilian: Lamprecht, Theodore Sophie Ernest., T.d. Mar. Luise Henr. Lamprecht, Kempten, geb. 1855, 14 Jahre
1876 bei der Hochzeit: Lamprecht, Theodore Sophie Ernestine, Mutter: Henriette Lamprecht zu Kempten, Geburtsdatum: 14.4.1855

... woher ich von der Verbindung nach Hannover wusste, bin ich gerade nicht sicher, das muss aus Unterlagen im Familienbesitz stammen, wo ich Notizen zu genau dem Familienzweig fand. Aber das war bekannt, und die Taufe war mein erster Brief, den ich vor Jahren an ein Archiv geschrieben habe, um ein bereits bekanntes Datum zu bestätigen. Von der Verbindung nach Kempten oder Oettingen wusste ich damals noch nichts. Die Konfimation habe ich auch erst vor Kurzem in Höxter gefunden - ich hätte sie in Hannover vermutet.
Meine Theorie warum Höxter: Dora Lamprecht wurde im Alter von 7 Jahre Waise und war spätestens von diesem Moment auf die Armenfürsorge angewiesen. Ich vermute, dass sie entweder als Kind nach Höxter in Pflege gegeben wurde oder dass sie dort mit etwa 10 Jahren in Stellung gegeben wurde (bei gleichzeitig vorgesehenem Schulbesuch) - dass habe ich so in anderen Regionen Deutschlands kennengelernt.

In der Armenfürsorge war ja normalerweise der Geburtsort zuständig. Kann es sein, dass uneheliche Kinder die Zuständigkeit von der Mutter erbten? Sonst hätten Orte mit Entbindungsanstalten oder Kinderheimen Auswärtige abweisen müssen...

Euch allen vielen Dank für eure Ideen!
Uta
 
Vielen Dank für die Schilderung des Forschungsstandes bezüglich der Oettinger Kirchenbücher. Wirklich mysteriös, dass sich so gar keine Spuren dieser Familie im Oettinger Raum finden lassen.

Ein Detail ist mir noch ins Auge gefallen: im Taufeintrag der "Louise" in St. Mang/Kempten wird eine Hausnummer (372) genannt (https://www.archion.de/p/33dac1ba6d/). Wenn man anderweitig nicht weiterkommt, könnte man hier u.U. noch ansetzen, indem man die anderen Kirchenbucheinträge nach weiteren Bewohnern dieser Adresse absucht. Vielleicht lohnt auch die Hinzuziehung anderer Quellen (ein explizites Häuserbuch habe ich für Kempten nicht gefunden; inwieweit dieses Werk hilfreich wäre, müsste man prüfen: https://likias.de/produkt/familienbuch-reichsstadt-kempten/).

Und was die Quellenlage in Bayern betrifft, so könnte man mit Glück noch Vormundschaftsakten für Louise im Staatsarchiv Augsburg (https://www.gda.bayern.de/service/findmitteldatenbank/Archiv/2) finden:

Beständetektonik des Staatsarchivs Augsburg > Neuere Bestände (Behörden und Gerichte des 19. - 21. Jahrhunderts) > B. Behörden des Königreichs Bayern und des Freistaats Bayern > 1. Inneres > Allgemeine Innere Verwaltung > Unterbehörden > Landgerichte älterer Ordnung (Innere Verwaltung, 1802-1862) > Akten > Landgericht ä.O. Kempten > Landgericht ä.O. Kempten, Vormundschaftsakten

bzw.

Beständetektonik des Staatsarchivs Augsburg > Neuere Bestände (Behörden und Gerichte des 19. - 21. Jahrhunderts) > B. Behörden des Königreichs Bayern und des Freistaats Bayern > 1. Inneres > Allgemeine Innere Verwaltung > Unterbehörden > Landgerichte älterer Ordnung (Innere Verwaltung, 1802-1862) > Akten > Landgericht ä.O. Kempten > Landgericht ä.O. Oettingen, Vormundschaftsakten
 
Habe den Aufsatz am Freitag erhalten und ihn heute endlich ansehen könnren. Im Wesentlichen ist es eine Liste, die die Künster der verschiedenenm Kategorien auflistet, so wie sie bei einer Durchsicht der Oettinger Kirchenbücher und zusätzlich auch nicht näher bezeichnter Archivalien gefunden wurden.
Ergebnis: keine Goldschmiede oder Goldschmiedegesellen namens Lamprecht.

Jetzt denke ich nicht, dass es sich noch lohnt, nochmal in diesen Kirchenbüchern zu suchen. Aber es ist wirklich rätselhaft. Vielleicht helfen ja die Vormundschaftsakten.
 
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