St. Johannis Nürnberg

Hallo,
weiß jemand zufällig wo die Sterbeeinträge von Nürnberg St. Johannis vor 1685 zu finden sind ?
Sind diese verlustig, oder eventuell St. Sebald zu finden.

Leider hilft auch kein Biebinger weiter.

Weiß das jemand hier.

Danke

Sven
 
"Eigentlich" in St. Sebald. St. Johannis war ja die "Friedhofsausgründung" des Sebalder Stadtbezirks, während der Friedhof St. Rochus zu St. Lorenz gehörig war. Siehe auch:


"Aufgrund der Prophezeiung einer bevorstehenden neuen Pestepidemie beschloss der Rat am 8. November 1518 eine erneute Erweiterung des Johannisfriedhofes für die Toten der Sebalder Seite. Gleichzeitig wurde mit der Errichtung des Rochusfriedhofes für die Toten der Lorenzer Seite begonnen. Die mit diesen Beschlüssen verbundene Schließung der Lorenzer und Sebalder Kirchhöfe stieß bei der Bevölkerung auf wenig Gegenliebe, da man sich so nahe wie möglich an oder in der Kirche beerdigen lassen wollte. Damit war Nürnberg eine der ersten Städte, die aus seuchehygienischen Gründen die Friedhöfe vor die Mauern der Stadt verlegte.

Diese verwaltungstechnische Teilung zwischen Lorenzer und Sebalder Seite der Stadt erklärt auch, warum sich auf den Bronzeepitaphien des Rochusfriedhofs überwiegend Handwerkszeichen befinden, auf dem Johannisfriedhof neben den Handwerkergräbern viele Patrizierwappen auffallen. Die Sebalder Stadthälfte war traditionell schon immer die „vornehmere Wohngegend“."


Dass dies aber offenbar nicht wirklich konsequent eingehalten wurde, zeigt diese Seite des Jahres 1652 aus dem KB St. Lorenz, auf der auch einzelne Personen auftauchen, welche auf dem St.-Johannis-Friedhof begraben wurden:

 
Gilt eigentlich das Gleiche für die Gemeinde St. Leonhard bzw. für Personen, die in Gostenhof, Steinbühl und Gibitzenhof gelebt haben?
 
Gilt eigentlich das Gleiche für die Gemeinde St. Leonhard bzw. für Personen, die in Gostenhof, Steinbühl und Gibitzenhof gelebt haben?

Hierzu finden sich sehr anschauliche Schilderungen in der Pfarrbeschreibung St. Leonhard von 1919 (in Schreibmaschinenschrift: https://www.bavarikon.de/object/bav:IFL-PFR-00000BAV80061616?p=1&cq=pfarrbeschreibung st. leonhard&lang=de). Mutterkirche war hier St. Lorenz, und die Leonharder Pfarrer durften längere Zeit nur nachts, wenn die Stadttore verschlossen waren und die Lorenzer Pfarrer nicht kommen konnten, Amtshandlungen vornehmen. Die Vorstadtpfarrer sahen das nicht recht ein. 1643 gab es einen Vorschlag, diesen Streit zu lösen (S. 81 bzw. online 89):

"Im Jahr 1643 legte der Kirchenpfleger und Scholarch Lucas Friedrich Behaim dem Rat ein sorgfältig ausgearbeitetes Gutachten über die Lösung des Streites vor. Dasselbe bezieht sich nicht nur auf die Leonharder Verhältnisse, sondern will sämtliche Streitfragen zwischen den beiden Pfarreien der Stadt und den Geistlichen von St. Johannis, Wöhrd und St. Leonhard lösen, wobei dann auch Mögeldorf noch in Betracht kommt.
B e h a i m geht davon aus, daß das Verlangen der Vorstadtpfarrer nicht unbillig sei und das die Kollegien von St. Sebald und St. Lorenz übergenug in der Stadt zu tun hätten. Ferner bringt er eine neue Pfarrsprengeleinteilung in Vorschlag. Nach diesem Vorschlag käme die östliche Hälfte des Lorenzer Außensprengels zu Wöhrd, die westliche von Steinbühl bis Gostenhof und Weidenmühl zu Leonhard. "Hingegen hätten die Vorstadtgeistlichen ordentliche Tauf-, Ehe- und Totenbücher zu halten" Von den Lorenzern war nämlich als ein Hauptgrund gegen die Abtrennung des Außensprengels angeführt worden, daß in St. Leonhard die Matrikeln schlampig geführt würden, sodaß die Evidenz der Matrikeletnträge verloren ginge. (Bei den Nebenkirchen der inneren Stadt, St. Jakob z.B. wurden ja bekanntlich auch keine Matrikeln geführt. Matrikeln über sämtliche Actus wurden nur bei St. Sebald und St. Lorenz geführt. Dieses Vorrecht wollten sich die hemaligen Pröpste am wenigsten von Vorstadtgeistlichen nehmen lassen)."


1644 gab es dann eine Vereinbarung (S. 97, online 105), die zwar in der Folge von Lorenzer Seite immer wieder in Frage gestellt wurde, im Wesentlichen aber Bestand hatte. Für die Begräbnisse galt ab da:

"c) Leichen: Die großen Leichen (da der ganze oder halbe Chor begehrt wird) sollen den Lorenzern verbleiben und zwar ohne Zuziehung des extraordinarius. Die kleinen Leichen, (Ein- oder Zwei-Herren-Leichen) verbleiben dem Leonharder Pfarrer, es sei denn, daß die Lorenzer ausdrücklich gewünscht würden."

Einen analogen Vertrag gab es zwischen St. Sebald und St. Johannis. Für die Vorstadtpfarrer verbesserte sich dadurch vor allem ihre finanzielle Situation (S. 99, online 107):

"Bisher durfte er nur im Falle der Not, wenn die Lorenzer nicht kommen konnten dort amtieren. Jetzt darf er es aber auch sonst tun. "Wenn auch die Lorenzer das Vorrecht behielten, so hat er doch auch ein Recht zur Ausübung der Actus mit Ausnahme der Proklamationen, der Kopulationen von Bürgern und der großen Leichen. Kurzum der Leonharder Pfarrer Paulus W i l l, - der vorher geklagt hatte, das ein Leonharder Pfarrer so schlecht daran sei, daß er "kaum das Maul hinbringen kann" konnte mit dem Erreichten zufrieden sein; weniger zufrieden waren aber die Lorenzer."

Man müsste nun u.U. noch mal gucken, ob sich das oben Ausgeführte in den Büchern tatsächlilch entsprechend niederschlägt, aber vermutlich lohnt es sich grundsätzlich immer, auch einen Blick in die Bestattungsbücher der jeweiligen Mutterkirche zu werfen.
 
Interessant ist auch der Absatz zu den Taufen in der Vereinbarung von 1644 (S. 96, online 104):

"a) T a u fen : Der Leonharder Pfarrer ist schuldig die vollzogenen Taufen (ohngeachtet er solche in sein Kirchenbuch einträgt) wöchentlich an den Samstagen in den Lorenzer Pfarrhof zu berichten, damit der Schaffer sie "ordentlich" in das Taufbuch einschreiben kann."
 
ich werde das mal nachsehen, haben aber im ersten Anlauf nichts gefunden, ist aber auch schwierig zu lesen und zu finden.

Danke für die Infos, wieder mal was gelernt was früher alles für Ärger geben hat.

Sven
 
Schlampige Matrikelführung hin oder her, die Leonharder Sterbematrikel von vor 1703 (1704) scheinen ohnehin verlustig gegangen zu sein, gemäß des Inventars der Pfarrei, lt. Pfarrbeschreibung von 1867 (S. 75)

Gibitzenhof, Steinbühl und Gostenhof gehörten vor dem 19. Jahrhundert noch nicht zu St. Leonhard (zur Zeit der Pfarrbeschreibung St. Leonhard von 1833/43 dann allerdings sehr wohl), wurden also vorher von St. Lorenz aus versehen.

Der Friedhof von St. Leonhard wurde aber möglicherweise zwecks günstiger Gebühren auch gerne von den in den genannten Orten Ansässigen genutzt, was aber dann 1660 per Erlass unterbunden wurde (S. 177, online S. 186):

Also alles in allem gilt wohl für die Zeit zwischen 1644 und 1704: Aufzeichnungen "kleiner Leichen" von Angehörigen der Pfarrei St. Leonhard sind wahrscheinlich verloren, bezüglich der Bewohner der anderen genannten Orte sind die Chancen, in den Büchern von St. Lorenz fündig zu werden, etwas größer.
 
Vielen lieben Dank. Das sind sehr aufschlussreiche Informationen. Wenn die Sterbematrikel ggf. vor 1703 nicht mehr erhalten sind, könnten ggf. die auf S. 75 erwähnten Grabstättenbücher weiterhelfen. Gut, dazu müsste man allerdings wissen, ob sie den 2. Weltkrieg überlebt haben und welchen Zeitraum sie abdecken. Für St. Johannis und St. Rochus kann man die Grabstättenbücher im ELKB in Nürnberg anschauen. Die Bücher wurden digitalisiert und beginnen 1643 und gehen bis etwa 1820.

Da habe ich doch wieder etwas dazugelernt, denn ich dachte bisher immer, dass Gibitzenhof, Steinbühl und Gostenhof zu St. Leonhard gehören und nur vereinzelte Einträge mal durch mehr oder weniger Glück in St. Lorenz zu finden sind.
 
Hallo,
nein glaube ich nicht die sind in Lorenz zu finden, hier wurde manchmal vermerkt war was an Stolgebühren an jeweils an die Pfarrer ging.
Für Johannis vor 1685 wohl in Sebald zu finden, es dürfte nichts verloren gegangen sein.
Finde aber die Sterbeeinträge trotzdem nicht.
 
Das Pfarrarchiv St. Leonhard liegt auch im LAELKB. Wenn, dann wären das/die Grabbücher sicher ebenfalls dort zu finden. Leider ist das zugehörige Pfarrarchiv-Findbuch noch nicht online. Bislang ist für Nürnberg nur das Findbuch für das Pfarrarchiv St. Jobst einsehbar:


Im Übrigen kann man nach den noch erhaltenen Gräbern von St. Johannis, St. Rochus und Wöhrd im Inschriftenprojekt recherchieren. Dieses basiert auf diesen drei Werken:

bis 1580:
Online-Suche: https://digi.hadw-bw.de/view/di013

1581-1608
Online-Suche: https://digi.hadw-bw.de/view/di068

1609-1650
Online-Suche: https://digi.hadw-bw.de/view/di090_1
 
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