Das neue Namensrecht

müller-baur

Archion-Team
Zum 1. Mai tritt in Deutschland das neue Namensrecht in Kraft, das einige Änderungen für die Namensführung im Gepäck hat. Grundlegendes Ziel der Gesetzesänderung ist es, die Namenswahl flexibler und einfacher zu gestalten. Eine der neuen Regelungen erlaubt das Führen von Doppelnamen für beide Ehepartner und ermöglicht zudem eine Schreibweise ohne Bindestrich, was weitere Flexibilität bietet. Selbst in bestehenden Ehen können diese Änderungen vorgenommen werden. Auch Kinder können in diesem Zusammenhang zukünftig Doppelnamen tragen. Vereinfachte Anpassungen auch andersherum: Bei Scheidungen werden Änderungen im Nachnamen bei Kindern nun ohne komplizierte Verfahren und auf die jeweilige Lebenssituation zugeschnitten vollzogen. Zudem darf ein Kind bei Volljährigkeit einmalig, innerhalb gewisser Grenzen, über seinen Geburtsnamen entscheiden. Des Weiteren enthält das neue Gesetz spezielle Regelungen für nationale Minderheiten, um namensrechtliche Traditionen zu wahren, und ebenso die Möglichkeit der Wahl einer geschlechtsangepassten Form des Ehenamens. Gewiss ist, dass diese Gesetzesänderung einiges an Bewegung in die Welt der Namen bringt – und damit unweigerlich Auswirkungen auf die Familienforschung haben wird.
Spannend ist zudem die Frage, wie Genealogie heute aussähe, wenn das Namensrecht in der Vergangenheit bereits auf diese Weise geregelt gewesen wäre.

Was ist Ihre Meinung?

Welche Chancen oder Herausforderungen sehen Sie durch das neue Namensrecht im Hinblick auf die genealogische Forschung? Mit welchen Auswirkungen auf die Familienforschung rechnen Sie? Wir freuen uns auf Ihre Gedanken und Beobachtungen dazu hier in den Kommentaren.
 
Na ja, das macht es für uns Familienforscher sicher nicht leichter. Aber das patronymische Namenssystem z.B. gab es ja schon früher in Norddeutschland und in den nordischen Ländern. Also eigentlich nichts Neues. Das erfordert dann halt mehr Sorgfalt und Recherchen.
 
Was das für Folgen haben wird, ich denke da z.B an die Strafverfolgungsbehörden. Ganze Ministerien hecken so einen Schwachsinn aus, welche Geld und Ressourcenverschwendung

Das bringt die Regierung hin, aber sonst nichts.......
 
Zum Aspekt "Patronymische Namensbildung" und der damit einhergehenden "spezifischen Sorgfalt" genealogischer Recherchen zitiere ich im Folgenden einen Beitrag auf den Seiten der "Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte"
(das darin -noch im Konjungtiv- genannte Datum 01. Januar 2025 ist durch den 01. Mai 2025 zu ersetzen)

Quelle: https://geschichte-s-h.de/sh-von-a-bis-z/p/patronymische-namensbildung/

[Zitat Anfang]
Patronymische Namensbildung

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts gab es im Herzogtum Schleswig keine feste Familiennamen. Zum Taufnamen eines Sohnes kam der des Vaters, der durch ein „-sen“ (für Sohn) oder auf Eiderstedt ein „-s“ ergänzt wurde. Ein Beispiel für die „patronymische Namenbildung“: Hans Momsen aus Fahretoft war Sohn des Momme Jensen, Enkel des Jens Jacobsen und Urenkel des Jakob Lütsen. Bei Ehefrauen und Töchtern wurde meist die Genitivendung „-s“ verwendet. Eine Cathrin, die mit einem Melf verheiratet war, hieß so Cathrin Melfs. Die ältesten beiden Söhne wurden normalerweise nach ihren Großvätern getauft, der Erstgeborene dabei nach dem Vater des Vaters. Die ältesten Töchter hießen entsprechend nach den Großmüttern, weitere Kinder nach Onkeln und Tanten. Kam es im engeren Bereich zu Überschneidungen von Namen, wurden durch zum Beispiel berufsbezogene Zusatznamen klargemacht, wer jeweils gemeint war. Gab es etwa den Namen Jens Hansen zwei Mal, dann konnte daraus im täglichen Gebrauch „Jens Buur“ (Bauer) und „Jens Kröger“ (Gastwirt) werden. Am 8.11.1771 wurden per königlicher Verordnung im Herzogtum Schleswig feste Familiennamen eingeführt. Das Dekret trug die Unterschrift von Christian VII. (*1749/1766-1808†) Auf den Weg gebracht hatte es der Leibarzt des geisteskranken Königs, Dr. Johann Struensee (*1737-1772†). Er regierte das Königreich faktisch seit Ende 1770. Mit über 1.800 Erlassen versuchte er das wirtschaftlich marode Königreich zu reformieren. Das Verbot der patronymischen Namensgebung war nur einer davon. Es sollte helfen, deren Folgen abzustellen, denn der traditionelle Wechsel des Familiennamens führe „in Erbschaftsfällen, in Ansehung der Legitimation, zu vieler Ungewißheit und weitläufigen Streitigkeiten, so wie bey Führung der Schuld- und Pfandprotocolle zu mancherlei Unordnungen“. Struensee machte sich durch seinen Reformeifer viele Feinde und wurde Januar 1772 verhaftet und drei Monate später hingerichtet. Das Verbot der wechselnden Familiennamen blieb jedoch bestehen. Dennoch blieben die alten Regeln noch bis in das 19. Jahrhundert hinein in vielen Orten in Gebrauch.

Wieder patronymische Namen

Vom 1. Januar 2025 gibt es wahrscheinlich in Deutschland wieder die Patronymische Namensgebung. Zumindest darf sie dann absehbar wieder von Angehörigen der friesische Volksgruppe angewendet werden. Im Rahmen der Liberalisierung des Deutschen Namensrechtes durch das Bundesjustizministerium hat sich vor allen der SSW-Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler (*1979) dafür stark gemacht, das in der dänischen Minderheit Doppelnamen wie in Dänemark üblich gebildet werden können. Auch eröffnet die Reform nun die Möglichkeit, patronym- beziehungsweise matronymische Formen für Kinder der friesischen Volksgruppe zu wählen. Nach Ansicht des SSW fördert und respektiert Rückkehr zu den Regeln von vor 1771 die friesische Tradition und halte das eigene kulturelle Erbe lebendig.
Werner Junge (0201/0303/0721/0923)
Hinweis: Die patronymische Namensgebung ist vor allem bei der Suche nach Vorfahren zu beachten. Hilfen gibt es einmal durch das Nordfriisk Instituut in Bredstedt/Bräist, www.nordfriiskinstituut.de, wie auch durch die Arbeitsgemeinschaft Genealogie Schleswig-Holstein, www.aggsh.de. Siehe auch Genealogie.
Quelle: Nordfriisk Instituut, Bredstedt/Bräist; Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums: https://www.bmj.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/0823_Namensrecht.html; SSW-Pressemitteilung: https://www.ssw.de/themen/grosser-erfolg-bei-namensrecht-reform-durch-die-bundesregierung

[Zitat Ende]
 
Im Rechtsverkehr ist es ja unerläßlich, Personen eindeutig identifizieren zu können.
Die neuen Regelungen zeigen, daß dies inzwischen wohl auch unabhängig vom Namen möglich ist, wohl durch eine Personenkennziffer, Steuernummer oder ähnlich. Und die muss unveränderlich sein.
Änderungen des Namens einer Person müssen also mit Hilfe dieser unveränderlichen Kennziffer irgendwo nachgehalten werden und erfragt werden können, z.B. von der Schufa.
Es fragt sich nun, inwieweit auch Familienforschern diese Informationen leicht zugänglich gemacht werden, auch bei lebenden Personen, sonst wird es künftig schwer.
Und was ist, wenn jemand seinen Namen im Alltag ändert, die Änderung aber nicht anmeldet ?
 
Ich sehe nur bedingt ein Problem für die Ahnen- und Familienforschung. Ich denke, bis sich das neue Namensrecht in der Praxis durchgesetzt hat, werden wir Ahnen- und Familienforscher bereits so viele Informationen über unsere Vorfahren zusammengetragen haben, dass unsere Enkel, Urenkel, Urenkel, etc. zukünftigt nur noch ihre bereits existenten Stammbäume von verschiedenen Seiten miteinander zu verknüpfen brauchen. Ich denke, ein so drastischer Eingriff wie die Änderung eines Namens, wird in den Familien bestimmt ein Gesprächsthema sein und auch Nennung in diversen Familienunterlagen finden. Hier in Schweden waren Patronymikon noch bis vor gut 100 Jahren der Standard. Dennoch kenne ich keinen einzigen schwedischen Ahnen- und Familienforscher, den das patronymische System verwirrt hätte. Heutzutage hat außerdem jeder Schwede von Geburt an eine Personennummer, die sich allenfalls bei einer Geschlechtsangleichung ändert. Ansonsten bleibt alles beim Alten. Allein schon an der Personennummer sollte man die richtige Person (wieder)finden können. Hier auf Gotland gab es im vergangenen Jahr einen etwas kuriosen Fall, wo eine Frau ihren Nachnamen in "Andersdotri" (Tochter von Anders) abändern lassen wollte. Das Finanzamt hat diese Änderung jedoch abgelehnt mit dem Hinweis, dass "dotri" dialektal ist und sie ihren Namen höchstens in die offizielle Form "Andersdotter" ändern lassen könnte. Nach einem ewig dauernden Prozedere vor Gericht hat die Frau allerdings Recht bekommen und darf nach diesem Gerichtsurteil nun ihren Nachnamen wie gewünscht in "Andersdotri" ändern lassen.
 
Für die Familienforschung dürfte das neue Namensrecht zumindest in den nächsten Jahren noch keine allzu großen Probleme aufwerfen.
Es wird ja in die Vergangenheit geforscht.
Natürlich können im Einzelfall Unsicherheiten aufkommen, aber da keine Namen frei wählbar sind, muss man ggf. seine Suche auf bereits bekannte Namen der Familie ausweiten ( für den Fall, das ein Name neu bestimmt wurde; zudem werden diese Erklärungen ja auch in den Registern als Folgebeurkundungen aufgenommen).
Inwieweit eine Personenkennziffer zugänglich ist und ob mit ihr vernünftig gesucht werden kann….?
Das wissen nur die Datenschützer.

Auch aktuell muß man bei der Suche in alten Registern ab und an Phantasie beweisen und um die Ecke denken: wo und wann befinde ich mich auf welchem Herrschaftsgebiet, welche Regeln galten für die Führung der Register, hat Pfarrer sich daran gehalten….

Letztendlich werden wir es sehen.
Aktuelles unterliegt den Sperrfristen und was die (auch gesetzlichen) Möglichkeiten der Zukunft bringen werden….

Die Probleme dürften aktuell eher in der Praxis liegen.
Da unser Alltag - zumindest behördlicherseits - noch nicht flächendeckend sinnvoll digital aufgestellt ist, wird es einige Bewegung geben.
 
In Zukunft wird es mehr komplexe Namensformen geben, das wird die Nachverfolgung von Familiennamen erschweren. Mehr Namensänderungen bedeuten mehr Brüche in der Namenslinie, was die genealogische Zuordung erschweren wird. Namen können mehrfach wechseln, was in Archiven oder Datenbanken zur Verwirrung fühen wird.
Ich bin dankbar, dass ich meine Ahnenforschung noch abschließen konnte. Das neue Namensrecht ist für mich völlig unverständlich.

Bei meinen Recherchen in den Kirchenbücher auf Archion wäre ich deutlich schneller vorangekommen, wenn ich z.B. das Taufbuch meiner Großmutter, die 1898 geboren wurde, hätte einsehen können. Doch leider gelten dort immer noch die alten Richtlinien - Einsicht nur bis 1875, danach ist Schluß. Schließlich blieb mir nicht anderes übrig, als mich bei Ancestry anzumelden. Dort konnte ih dann alle Daten ab 1875 finden - sogar bis zum Sterberegister meiner Großmutter 1961 !! Wer versteht das, ich leider nicht. Dazu fällt mir nur eines ein, " denk ich an Deutschland in der Nacht ..........."!
 
Ich sehe erstens keine Probleme und zweitens begrüße ich die Flexibilisierung. Ja, lebende Verwandtschaft ist möglicherweise dann schwerer zu finden, aber rein rechtlich haben Menschen ja auch ein Recht darauf, nicht von jedem Hobbyforscher gefunden zu werden.

Ob jetzt jemand Christian heißt und sich als Christine identifiziert, ist seine/ihre Sache - die standesamtlichen Unterlagen werden auch zukünftig die Abstammung zeigen. Bezüglich der Vor- und Nachnamen ist die Identifizierung ebenfalls kein Problem für die, die ein berchtigtes Interesse (also nicht nur die Neugier des Hobbyforschers) haben.

Eine einfache Änderung der Familiennamen wurde übrigens auch schon ab 1919/20 ermöglicht -> https://www.ahnen-spuren.de/ostpreu...zeiger/namensaenderung-ab-1920-reichsanzeiger - die Leute sind trotzdem in der Regel zu identifizieren und zu finden. Da waren die Namen übrigens frei wählbar.

Ist denn die Forschung bisher einfacher bzw. eindeutiger gewesen?
Ein Johannes W. heiratet am 16.08.1763 - es lebten viele Ws im Ort, und bei der Trauung wurden im KB die Namen der Eltern nicht genannt.
Ich notierte mir daher erstmal "Geburt um 1740" und zur möglichen Taufe des Johannes W. fand ich dann im Ort:
- Zwillingsgeburt Taufe 23.05.1736
- oder Taufe 02.1737
- oder Taufe 05.11.1740
- oder Taufe 15.12.1742
- oder Taufe 05.07.1745

Aufgrund der standesamtlichen Unterlagen wird so ein Beispiel heute und zukünftig nicht passieren - egal, ob die geschlechtliche Zuordnung und/oder die Vor- oder Nachnamen geändert wurden.

Glückauf
Wolfgang
 
Ich möchte dem Beitrag in mehreren Punkten widersprechen:


  1. Probleme für die genealogische Forschung: Auch wenn man eine Flexibilisierung grundsätzlich begrüßen kann, bedeutet das nicht, dass es dabei keine Probleme gäbe. Änderungen von Vor- oder Nachnamen sowie geschlechtlicher Zuordnungen führen zu Brüchen in historischen Kontinuitäten, die die Nachvollziehbarkeit in der Familienforschung erheblich erschweren können – selbst bei Vorliegen eines "berechtigten Interesses". Standesamtliche Unterlagen mögen die Abstammung zwar weiterhin dokumentieren, doch sind diese nicht immer frei zugänglich oder lückenlos überliefert, besonders bei späteren Nachforschungen oder für ehrenamtlich Forschende.
  2. Zugang zu Informationen und Datenschutz: Das Argument, Menschen hätten ein "Recht, nicht von Hobbyforschern gefunden zu werden", blendet aus, dass Ahnenforschung mehr ist als bloße Neugier. Sie kann identitätsstiftend wirken, Familiengeschichten rekonstruieren und verlorene Verbindungen wiederherstellen. Datenschutz ist wichtig – keine Frage –, aber er sollte in Einklang mit dem kulturellen und historischen Interesse an Herkunft stehen, besonders wenn diese Interessen berechtigt und sensibel verfolgt werden.
  3. Historische Vergleichbarkeit: Der Verweis auf frühere Namensänderungsmöglichkeiten (ab 1919/20) verkennt, dass sich Umfang und Häufigkeit solcher Änderungen sowie der gesellschaftliche Kontext massiv verändert haben. Damals war eine Namensänderung trotz rechtlicher Möglichkeit eher die Ausnahme – heute hingegen gibt es deutlich mehr Möglichkeiten und Anlässe, wodurch auch die Anforderungen an die Dokumentation und Nachverfolgbarkeit steigen.
  4. Vereinfachung durch heutige Unterlagen?: Das Beispiel mit dem unklaren Johannes W. zeigt die Schwierigkeiten der historischen Forschung – keine Frage. Doch zu behaupten, solche Mehrdeutigkeiten würden heute nicht mehr vorkommen, ist zu optimistisch. Nicht jeder Verwaltungsakt wird so dokumentiert, dass er für Dritte langfristig nachvollziehbar ist. Wenn personenbezogene Daten aus Datenschutzgründen nach wenigen Jahrzehnten vernichtet oder gesperrt werden, entstehen ganz neue Probleme für die Forschung der Zukunft.
 
Danke für den Widerspruch!!
Es wird schon spät ... Daher gehe ich nur auf einige Sätze, Satzteile oder Worte ein, die mir besonders auffielen.

[...[ Standesamtliche Unterlagen mögen die Abstammung zwar weiterhin dokumentieren, doch sind diese nicht immer frei zugänglich oder lückenlos überliefert [...]
Zugänglichkeit in NRW nach https://www.archive.nrw.de/sites/default/files/media/files/LAV-Brosch-Genealogie-2016-DRUCK.pdf
  • Sterberegister nach 30 Jahren
  • Eheregister und Lebenspartnerschaftsregister nach 80 Jahren
  • Geburtsregister nach 110 Jahren
Vor Ablauf dieser Fristen gilt:
"Neben der Person, auf die sich der Eintrag des Personenstandsregisters bezieht, deren Ehegatten oder Lebenspartner sowie deren Vorfahren und Abkömmlingen in gerader Linie können nun auch die Geschwister des Kindes bzw. des Verstorbenen Auskunft aus den Geburts- und Sterberegistern beantragen."
und
"Wenn seit dem Tod des letztverstorbenen Beteiligten der Personenstandsbeurkundung (beim Geburtenregister das Kind und dessen Eltern, beim Eheregister die Ehegatten) mindestens 30 Jahre vergangen sind, genügt für die Beantragung einer Benutzung das Geltendmachen des berechtigten Interesses der privaten Familienforschung."

Seit 1874/76 sind die standesamtlichen Register in D lückenlos überliefert, wenn sie nicht durch Kriegseinwirkung zerstört wurden (was leider anteilig pasiert ist). Namensänderungen durch z. B. Adoption, Anerkennung der Vaterschaft oder dem Wunsch nach Namensänderung wurden als Randvermerk auch schon in "alten Zeiten" dokumentiert (mehrfach in meinen Stammbaum mit all seinen Linien festgestellt - z. B. 1909 die Übermittlung einer Adoption mit Namensänderung von Mülheim/Ruhr nach Kassel).

[...] wodurch auch die Anforderungen an die Dokumentation und Nachverfolgbarkeit steigen. [...]
In unserer Zeit ist die Dokumentation gegenüber der zu Beginn des 20. Jahrhunderts sicher deutlich verbesert - und ich glaube nicht, dass es heute noch möglich ist, dass Änderungen nicht in den relevanten Registern eingetragen werden.

[...] blendet aus, dass Ahnenforschung mehr ist als bloße Neugier. Sie kann identitätsstiftend wirken, Familiengeschichten rekonstruieren und verlorene Verbindungen wiederherstellen. [...]
Ich bewerte Neugier durchaus nicht negativ - ich bin in vielen Dingen neugierig und will es bis zum letzten Atemzug bleiben. Auch ich freue mich, z. B. einen Cousin 3. Grades zu entdecken oder einen Cousin 2. Grades wiederzufinden, aber ich habe keinen Anspruch darauf sie zu finden.

Identitätsstiftend? Kann sein, muss aber nicht (für mich gilt das jedenfalls nicht). Der Name, den jemand sich aussucht ist für sie oder ihn aber auf jeden Fall identitätsstiftend. Egal, ob sich jemand im 17. Jahrhundert Dolaeus statt Dohle nannte oder 1920 ein fiktiver Szymanzcyk lieber Schneider heißen wollte. Auch wenn sich jemand entscheidet den Namen eines Stiefvaters abzulegen und den Namen seines biologischen Vaters oder den Geburtsnamen seiner Mutter anzunehmen, ist das identitätsstiftend. Über die (immer subjektiv empfundene und nie objektivierbare) geschlechtliche Identität eines Menschen will ich an dieser Stelle nicht weiter ausholen.

[...] Wenn personenbezogene Daten aus Datenschutzgründen nach wenigen Jahrzehnten vernichtet oder gesperrt werden, entstehen ganz neue Probleme für die Forschung der Zukunft. [...]
Niemand vernichtet aus Datenschutzgründen Personenstandsregister. Sperren gibt es aber aus Datenschutzgründen. Nochmal: Es gibt ein Recht darauf nicht von jedem gefunden zu werden und kein Recht jeden Menschen zu finden, den man finden will. Nach Ablauf der Schutzfristen (die mich auch manchmal nerven) ist es dann egal, wer Einblick in die Daten bekommt.

Glückauf
Wolfgang
 
Ich geb' jetzt auch mal meinen nächtlichen "Senf" dazu... :sneaky:

Aus Sicht der (vermutlich weltweit relativ wenigen) Betroffenen, die aus "Gender-Gründen" die Namen entsprechend ändern wollen/"müssen", nachvollziehbar und okay.
Wenn man andere persönliche Gründe (negative Erfahrungen im Elternhaus o. dgl.) den Namen mit Beginn der Volljährigkeit komplett ändern und somit quasi "abtauchen" mag, ja, ebenfalls verständlich - und der Datenschutz durchaus gerechtfertigt!

Für alle anderen Fälle, die nicht "ehe-/scheidungs-bedingt" sind, ist eine derart krasse Familiennamens-Änderung aus meiner Sicht völliger Humbug und nur Korinthenkackerei von Wichtigtuern... *sry*

Wenn ich mir vorstelle, ich hätte vielleicht selber auch das Glück gehabt, Mutter zu sein, und filia läßt sich mit 18 aus Truckenheit einfallen, "Ach, mir ist grad danach & hab auch das nötige Geld, ich will jetzt nicht mehr Johanna MEIER heißen, sondern Rosina KUCHENBÄCKER", der volljährig gewordene Sohn benennt sich aus Jux & Dallerei mal eben in einen Phantasienamen um und mein Partner & ich heißen mit Familiennamen nochmal komplett anders, weil unverheiratet geblieben - wo bitte ist dann das offiziell sichtbare Zusammengehörigkeits-Gefühl der trotz allem noch immer blutsverwandten Bestands-Familien(-mitglieder)?!

Mal ganz davon abgesehen, daß Familien-Forschung als Solches ja oftmals schon kompliziert genug ist - und ich ehrlich gesagt SEHR FROH darüber bin, bis dato von Forschungsarbeiten "im Hohen Norden" verschont geblieben zu sein... :unsure:

Nachdenklich-liebe Grüße aus unserer schönen Bundeshauptstadt...

Annika
 
Nachtrag - Eins noch:
Fiel mir eben beim Nochmal-Durchlesen auf:
Polizei, Staatsanwaltschaft & Co. werden höchstwahrscheinlich EBENFALLS ihre >helle Freude< daran haben, wenn sie Kriminelle nach etlichen Jahren der Suche endlich dingfest machen wollen/können/müssen - und diese dann wegen "neuem Namen" = anderer Persönlichkeit möglicherweise wieder laufen lassen müssen...

Dem Verbrechen ist somit quasi Tür & Tor geöffnet... :mad:

Ob DARAN mal zuvor irgendjemand nachgedacht hat?!???
Vermutlich nicht... :sleep:
 
Wenn personenbezogene Daten aus Datenschutzgründen nach wenigen Jahrzehnten vernichtet oder gesperrt werden, entstehen ganz neue Probleme für die Forschung der Zukunft.

In diesem Zusammenhang vielleicht ein allgemeiner Blick auf § 7 "Aufbewahrung" Personenstandsgesetz

auszugsweise Zitate:

"(2) Die Personenstandsregister sind dauernd aufzubewahren. Für die Sicherungsregister und die Sammelakten endet die Pflicht zur Aufbewahrung mit Ablauf der in § 5 Absatz 5 für das jeweilige Register genannten Frist."

§ 5 "Fortführung der Personenstandsregister" Absatz 5 besagt:

"(5) Für die Fortführung der Personenstandsregister und der Sicherungsregister gelten folgende Fristen:
1. für Eheregister und Lebenspartnerschaftsregister 80 Jahre;
2. für Geburtenregister 110 Jahre;
3. für Sterberegister 30 Jahre; für Sterberegister des Sonderstandesamts in Bad Arolsen 80 Jahre."

[Zitate Ende]

Soll also "Nichts durch Fristablauf verloren gehen" ist sicherzustellen, daß sämtliche relevaten Umstände / Tatbestände in nachvollziehbar, belegtem Detail im Personenstandsregister selber eingetragen werden.

Das ist m.E. heute bereits der Fall.
 
Eine amüsante Vorstellung, dass Massen von Kriminellen bald eine Namensänderung beantragen, um der Strafverfolgung zu entgehen. Erst entspannt zum Amt gehen und die Namensänderung beantragen, dann in aller Ruhe einen neuen Ausweis mit der aktuellen Adresse beim Einwohnermeldeamt beantragen und abholen und schließlich bei Banken und Versicherungen ebenfalls die Datenänderung regeln ...

Hat aber natürlich gar nichts mit der Genealogie-Fragestellung zu tun.

Also zurück zum Thema: Seit Einführung der Personenstandsregister im 19. Jahrhundert werden in den Standesämtern die verbindlichen Dokumente erstellt und nicht in den Kirchen (daher sind Kirchenbücher nach 1874/76 zwar nett für uns Forschende, aber nicht ausschlaggebend). Diese standesamtlichen Daten werden laufend aktualisiert und sind innerhalb von Sperrfristen von nahen Angehörigen zu erfahren (s. o.). Außerhalb der Sperrfristen kann jeder Einsicht nehmen. Das ist anteilig im Internet möglich, anteilig aber auch nur in den Standesämtern oder Archiven. Dort würde ich dann auch zukünftig finden, dass und wann jemand den Namen geändert hat.
[...] Soll also "Nichts durch Fristablauf verloren gehen" ist sicherzustellen, daß sämtliche relevaten Umstände / Tatbestände in nachvollziehbar, belegtem Detail im Personenstandsregister selber eingetragen werden.

Das ist m.E. heute bereits der Fall.
Darüber hinaus würde ich die Daten der Leute sicherlich auch zuküftig unter ihrem ursprünglichen Familiennamen recherchieren können, da diese Daten ja bestehen bleiben und lediglich jeweils aktualisiert bzw. ergänzt werden (große Rückschritte in der EDV der Ämter und Archive erwarte ich im 21. Jahrhundert eigentlich nicht).

Glückauf
Wolfgang
 
Eine amüsante Vorstellung, dass Massen von Kriminellen bald eine Namensänderung beantragen, um der Strafverfolgung zu entgehen. Erst entspannt zum Amt gehen und die Namensänderung beantragen, dann in aller Ruhe einen neuen Ausweis mit der aktuellen Adresse beim Einwohnermeldeamt beantragen und abholen und schließlich bei Banken und Versicherungen ebenfalls die Datenänderung regeln ...

Hat aber natürlich gar nichts mit der Genealogie-Fragestellung zu tun.

Also zurück zum Thema: Seit Einführung der Personenstandsregister im 19. Jahrhundert werden in den Standesämtern die verbindlichen Dokumente erstellt und nicht in den Kirchen (daher sind Kirchenbücher nach 1874/76 zwar nett für uns Forschende, aber nicht ausschlaggebend). Diese standesamtlichen Daten werden laufend aktualisiert und sind innerhalb von Sperrfristen von nahen Angehörigen zu erfahren (s. o.). Außerhalb der Sperrfristen kann jeder Einsicht nehmen. Das ist anteilig im Internet möglich, anteilig aber auch nur in den Standesämtern oder Archiven. Dort würde ich dann auch zukünftig finden, dass und wann jemand den Namen geändert hat.

Darüber hinaus würde ich die Daten der Leute sicherlich auch zuküftig unter ihrem ursprünglichen Familiennamen recherchieren können, da diese Daten ja bestehen bleiben und lediglich jeweils aktualisiert bzw. ergänzt werden (große Rückschritte in der EDV der Ämter und Archive erwarte ich im 21. Jahrhundert eigentlich nicht).

Glückauf
Wolfgang
Ob allerdings die Verbindung von neuem und altem Familiennamen ersichtlich sein wird in den Indexes, ist fraglich. Täubchen
 
Zurück
Oben